Bei uns findet ihr die von den Leser/innen gemeldeten Lottiefen bei Hochwasser für mittlerweile fast jedes Fahrwasser und jeden Hafen der Nordseeküste und der angrenzenden Flußhäfen. Angegebene ist jeweils die flachste Stelle.
Wie berechnet man nun daraus zu welchem Zeitpunkt an der jeweiligen Stelle wieviel Wasser steht?
Hierzu benötigt man nur den mittleren Tidenhub des nächstliegenden Ortes. Dieser findet sich im Gezeitenkalender des BSH, den natürlich jeder dabei haben sollte. Mit diesem Wert und unseren Lottiefen kann man unter Anwendung der s.g. 12er Regel ganz einfach den Wasserstand zu jeder beliebigen Uhrzeit berechnen.
Die 12er Regel geht davon aus, dass sich der Wasserstand z.B. während einer Flutphase wie folgt verhält:
- In der 1. Stunde steigt das Wasser um 1 Zwölftel
- In der 2. Stunde steigt das Wasser um weitere 2 Zwölftel
- In der 3. Stunde steigt das Wasser um weitere 3 Zwölftel
- In der 4. Stunde steigt das Wasser um weitere 3 Zwölftel.
- In der 5. Stunde steigt das Wasser um weitere 2 Zwölftel
- In der 6. Stunde steigt das Wasser um weitere 1 Zwölftel
In der Ebbphase verhält es sich ablaufend entsprechend umgekehrt.
Die 12er Regel kommt dem tatsächlichen Verlauf des Wasserflusses erstaunlich nahe und ist für eine sichere Navigation auf jeden Fall völlig ausreichend.
Beispiel
Angenommen der mittlere Tidenhub (MTH) des nächstliegenden Ortes beträgt laut Tidenkalender 3,00 m und die bei uns angegebene Lottiefe bei HW beträgt 4,00 m. Dann errechnet sich der Verlauf während der Ebbphase wie folgt:
Mittlerer Tidenhub 3,00 m |
Wassertiefe bei HW 4,00 m |
1. Stunde: 1/12 von MTH = - 0,25 m |
4,00 m - 0,25 m = 3,75 m |
2. Stunde: 2/12 von MTH = - 0,50 m |
3,75 m - 0,50 m = 3,25 m |
3. Stunde: 3/12 von MTH = - 0,75 m |
3,25 m - 0,75 m = 2,50 m |
4. Stunde: 3/12 von MTH = - 0,75 m |
2,50 m - 0,75 m = 1,75 m |
5. Stunde: 2/12 von MTH = - 0,50 m |
1,75 m - 0,50 m = 1,25 m |
6. Stunde: 1/12 von MTH = - 0,25 m |
1,25 m - 0,25 m = 1,00 m |
Wer möchte kann sich natürlich jetzt Excel-Tabellen daraus erstellen, aber die Erfahrung zeigt, dass man die 12er Regel in sehr kurzer Zeit bereits im Kopf anwendet.
Weitere Faktoren
Auf den Wasserstand haben noch andere Faktoren Einfluß, wie z.B. die Spring- oder Nippzeit, die Windrichtung und die Tageszeit. In der Springzeit (ca. 2 Tage nach Neu- oder Vollmond) ist der Tidenhub entsprechend größer, in der Nippzeit (bei halber Mondphase) entsprechend geringer. Langanhaltender kräftiger Ostwind verringert den Tidenhub, Westwind erhöht ihn. Und im Sommer fällt das Hochwasser am Tage höher aus, als das in der Nacht (im Winter umgekehrt). Man sollte daher immer den jeweiligen Revierfunk (in der regel stündlich gesendet) oder die Wasserstandsvorhersagen des BSH für die jeweilige Region abrufen.